Der Osterspaziergang
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in raue Berge zurück …
Es ist fast selbstverständlich, dass die Menschen die freie Zeit zu Ostern nutzen, um hinauszugehen und die wiedererwachende Natur zu genießen. Man kann in diesem Sinne von einer Jahrhunderte alten Tradition sprechen, die Goethe bereits in seinem Faust beschreibt.
MDR-Osterspaziergang knüpft an Goethes Osterspaziergang an
An diese Tradition anknüpfend veranstaltet der MDR (MDR 1 RADIO THÜRINGEN und das THÜRINGEN JOURNAL) jedes Jahr am Ostersonntag einen Osterspaziergang. Wanderfreunde aus dem ganzen Sendegebiet treffen sich dann, um über 3 verschieden lange Strecken (5 km, 10 km und 15 km), die wiedererwachende Natur zu erleben. Einst war der MDR Osterspaziergang ein Geheimtipp, der trotz allem 3000 Besucher anzog. Mittlerweile hat sich das ganze Projekt zu einem Großereignis mit mehr als 15.000 Besuchern entwickelt. Mit ein Grund hierfür könnte auch das bereitgehaltene Rahmenprogramm sein.
Die Veranstaltungsorte des MDR-Osterspaziergangs der letzten Jahre
- 2005: Neustadt/Südharz
- 2006: Berga/Elster
- 2007: Bad Liebenstein
- 2008: Stausee Hohenfelden
- 2009: Bleicherode
- 2010: Zeulenroda-Triebes
- 2011: Gierstädt
- 2012: Heldburg (Bad Colberg)
- 2013: Bad Salzungen
- 2014: Bad Sulza
- 2015: Schmalkalden
- 2016: Münchenbernsdorf
- 2017: Schalkau
- 2018: Bad Tabarz
- 2019: Bad Frankenhausen
- 2022: Stadtilm (wegen Corona mit zweijähriger Verspätung)
- 2023: Eisenach
- 2024: Apolda
Goethes Osterspaziergang
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in raue Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flor;
Aber die Sonne duldet kein Weißes:
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlt’s im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurückzusehen.
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sich nur, sich! wie behänd sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluss, in Breit‘ und Länge,
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und bis zum Sinken überladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein.
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!
(Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) aus: Faust I, Vor dem Tor)