Die Osterbrunnen (Teil I)
Eine fränkische Tradition seit ca. 1900
Die Wiege der Osterbunnen liegt in der wunderschönen Fränkischen Schweiz. Diese ist (von unser Region aus gesehen) gleich hier „um die Ecke“. Von dort aus kam der Brauch des Schmückens der Dorfbrunnen zu Ostern auch nach Thüringen.
Oder handelt es sich in Wahrheit nur um einen Re-Import des Osterbrunnens von Thüringen nach Franken und wieder zurück?
Auf dieser Seite gehen wir näher auf die fränkische Tradition ein. Ausführungen zur Thüringer Tradition finden Sie hier.
Ursprung
Das Gebiet der Fränkischen Schweiz liegt zwischen den Städten Nürnberg, Erlangen, Bamberg, Kulmbach, Bayreuth und Pegnitz. Der Naturpark „Fränkische Schweiz“ ist eine sogenannte Karstlandschaft. Typisch für Karstlandschaften sind tief eingeschnittene Flusslandschaften und karge, trockene Hochflächen. Da duch den Kalkstein das Wasser schnell versickert, ist Wasser knapp und kostbar. Es gibt so gut wie keine natürlichen Wassersammelstellen, deswegen waren die Menschen gezwungen Brunnen und Zisternen anzulegen.
Genau dies ist der Hintergrund für die Entstehung der Tradition der Osterbrunnen. Die Wasserversorgung hatte einen hohen Stellenwert und das sollte mit dem Schmücken der Brunnen herausgestellt werden. Und so wurde der Anlass genutzt, die Brunnen vom Schmutz des Herbstes und Winters zu reinigen und entsprechend herauszuputzen. Daher spricht man oftmals auch vom „Brunnenputzen“. Darüberhinaus wird dem Osterwasser eine besondere Wirkung zugesprochen. Möglicherweise entspringt dies einem alten Aberglauben. Laut diesem hing die Gesundheit von Mensch und Tier oder der Erfolg der Ernte von der Gnade der Quellgöttin ab.
Entwicklung des Brauches
Wie alt der Brauch tatsächlich ist, lässt sich heute kaum noch feststellen. Die erste Überlieferung spricht von einem Osterbrunnen in Aufseß um das Jahr 1909. Es ist aber davon auszugehen, dass der Brauch deutlich älter ist.
Mit dem Einzug der modernen Wasserversorgung durch Wasserleitungen nahm die Bedeutung der Brunnen ab und der Brauch geriet zunehmend in Vergessenheit. In den 1950er Jahren engagierte sich der Nürnberger Arzt Dr. Kunstmann gemeinsam mit seiner Frau und anderen für den Fortbestand der Tradition. Dass diese Arbeit Früchte trug, zeigt der heutige „Bestand an Osterbrunnen“ in der Fränkischen Schweiz: Alljährlich werden über 200 Brunnen geschmückt. Wo genau – darüber gibt u. a. die Website Osterbrunnen.de Auskunft.
Seit den 1980er Jahre wird das Brunnenschmücken über die Grenzen von Oberfranken hinaus „exportiert“. So finden sich Brunnen an vielen Orten Deutschlands: im Steigerwald, in Altmühlfranken, in Schwaben, in Sachsen, in der Pfalz, im Saarland, in der Lüneburger Heide, sogar in der Schweiz und selbstverständlich wieder in Thüringen. (Mehr Informationen und vor allem Fotos finden sie hierzu z. B. auf den Brauchtumsseiten.de.)
Doch nach wie vor ist vor allem die Fränkische Schweiz berühmt für die Osterbrunnen. Mittlerweile besuchen viele Reisebusse aus ganz Deuschland jedes Jahr die Region. Hinter vorgehaltener Hand sprechen Insider von der „Brunnen-Rallye“. Besonders die Brunnen in Heiligenstadt oder Bieberbach sind wahre Touristenattraktionen. Zum Teil gibt es einen heimlichen Wettbewerb „Wer hat den Brunnen mit den meisten Eiern“. Einen Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde schafften 2001 die Bieberbacher. Sie schmückten ihren Brunnen mit 11.108 handbemalten Eiern. 2005 toppten die Sulzbach-Rosenberger dies. Sie dekorierten ihren Stadtbrunnen mit 16.500 Eiern.
Timing und Arbeiten
Im Gegensatz zu uns Langenwetzendorfern, die den Osterbrunnen eine Woche vor Gründonnerstag aufstellen und dann nach dem Wochenende nach Ostersonntag wieder abbauen, werden die Brunnen in der Fränkischen Schweiz heute frühestens am Gründonnerstag geschmückt – die meisten jedoch erst am Karsamstag oder -sonntag. Die Brunnen können dann meist zwei Wochen lang in ihrer vollen Pracht bewundert werden.
Früher herrschte beim Brunnenputzen strenge Arbeitsteilung: Für das Reinigen der Brunnen und Quellen waren die jungen Burschen zuständig. Sie säuberten die Brunnen von Schlamm und Unrat eine Woche vor Ostersonntag und zogen in den Wald, um junge Birken zu schlagen. Diese übergaben sie den Mädchen im heiratsfähigen Alter, die gemeinsam die jungen, frisch geschlagenen Bäume mit Eiern und Papierbändern verzierten. Gemeinsam zogen die Burschen und Mädchen dann in der Nacht zum Ostersonntag mit den Bäumchen durch den Ort. Das Aufstellen der Bäume war dann wieder Sache der Burschen.
Das Osterbrunnenschmücken hatte durchaus Dorffestcharakter. Man kam zusammen und beging gemeinsam das Osterfest. So wurde beispielsweise ein Korb mitgeführt, in den Gaben der Gemeinde für die „Brunnenaktivisten“ wie z. B. Gebäck oder Ostereier gelegt wurden. Die Brunnenschmücker teilten sich den Korb dann nach getaner Arbeit gleich vor Ort.
Und da bei einem zünftigen Dorffest Gesang nicht fehlen durfte, entwickelt sich auch die Tradition des Ostersingens. Nach dem Anlegen des Schmuckes wurde feierlich das Osterfest eingesungen.
Brunnenschmuck
Der Brunnenschmuck besteht in der Regel aus Eiern, frischem Grün, Blumen und bunten Bändern. All das hat hohe Symbolkraft. Das Ei ist beispielsweise eines der ältesten Symbole für Fruchtbarkeit und Lebenskraft. Das Grün und die Blumen sollen an die wiedererwachende Natur erinnern und die Bänder stehen für Lebensfreude.
Ursprünglich bestand der Brunnenschmuck aus ausgeblasenen und bemalten Eiern. Ein durchschnittlicher Brunnen hat über 1500 Eier.
Meist liefern Hühereier die Eierschalenleinwand.
Es kann bei besonders aufwändigen Eiern ein bis zwei Stunden dauern, ehe das Kunstwerk fertig ist. Um wertvolle Werke vor Beschädigungen zu schützen, werden diese weiter innen und nicht am Rand des Brunnens angebracht. Dort findet man heute immer häufiger Plasteeier, da Eier sehr oft von Diebstahl und Zerstörung betroffen sind. Je nach Technik werden die fertigen Eier gestielt oder aufgefädelt.
Die Bögen des Osterbrunnens werden mit Girlanden aus Fichtenzweigen geschmückt. Dieses Binden dauert mindestens einen Tag. Es ist abhängig davon, wie viele Leute mithelfen und wieviele Meter Girlande man benötigt. Bei den größten Brunnen in Franken müssen bis zu 80 Meter gebunden werden. Als weitere Schmuckelemente und Farbtupfer kommen Schleifen oder zu Büscheln gebundene Papierstreifen hinzu.
Wenn das Gerüst mit der Girlande steht, dann können die Eier aufgesteckt werden – auch dies dauert wiederum seine Zeit (ca. 1 Tag).
Beim Aufstellen und weiteren Verzieren an Ort und Stelle können nochmals mehrere Stunden vergehen.
Zählt man alles zusammen, so sind fleißige Hände mehrere Wochen mit den Vorbereitungsarbeiten beschäftigt, damit am Ende ein wahres Prachtstück herauskommt.
Weiter zu Teil II und damit zur Thüringer Tradition
Quelle: Wikipedia, Ostern in der fränkischen Schweiz, Brauchtumseiten.de, Unterleinleiter.de und Osterbrunnen.de
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