Der Osterpfad Vogtland ist Thüringer Kulturerbe
Gut gemeint, aber vielleicht etwas zu kurz gedacht
Von Monique Scholz
Auch wenn es hier insgesamt ruhiger wird, ein paar Gedanken zur Auszeichnung des Osterpfades als Thüringer Kulturerbe sollen sein. Direkt vorweg möchte ich festhalten: Ich gönne den Macher:innen aus Berga und den zum Osterpfad Vogtland gehörenden Gemeinden den Erfolg und das damit verbundene Lob von ganzem Herzen. Sie verdanken es jahrelanger und harter Arbeit, denn Osterbrunnen-Aufbau ist bekanntlich nichts für Weicheier. Ich hätte diese Auszeichnung nur gerne noch mehr Frauen, Männern, Jugendlichen und Kindern in ganz Thüringen gegönnt.
Jeder Osterbrunnen beziehungsweise jede Osterkrone ist eine echte Energieleistung der jeweiligen Verantwortlichen. Sie ist nur möglich, wenn eine gehörige Portion Idealismus auf Tatkraft und Ideenreichtum trifft. Tüfteln, Anpacken und Durchziehen lautet hier die Devise: sonst wird das nichts mit dem Aufbau unter jedweden Wetterbedingungen – von der warmen Frühlingssonne bis zum eiskalten Schneesturm kann da nämlich alles dabei sein. Das weiß ich als Mitglied des Langenwetzendorfer Osterpark-Teams alles aus eigener Erfahrung nur zu gut.
Und das, was man letztlich bestaunen kann, ist immer nur ein kleiner Teil. Im Vorfeld sind unzählige Stunden zu leisten, damit aus hunderten einzelnen Puzzleteilen am Ende ein großes, buntes Ganzes wird, das nach dem kalten grauen Winter die Seele im Frühling wieder wärmt. Viele dieser Notwendigkeiten sollen die Besucher:innen am Ende ja auch gar nicht bemerken. Ein bisschen Magie und Zauber müssen schließlich erhalten bleiben, damit die Kids fest an die Existenz des Osterhasen glauben.
Die Anerkennung der Arbeit und des Engagements des Osterpfad Vogtland durch die Thüringer Landesregierung ist daher wirklich löblich. Sie hebt die Arbeit auf ein völlig neues Level und doch unterläuft den Verantwortlichen dabei leider ein grober Schnitzer. Sie fällt damit in die Kategorie „Gut gemeint, aber nicht zu Ende gedacht“. Warum ich dieser Meinung bin, verrate ich Euch:
Letztlich ist jeder Osterbrunnen und jede Osterkrone ein gemeinschaftsstiftendes Kulturgut und nicht nur der Osterpfad Vogtland. Gerade in sehr kleinen Dörfern, wo nicht viele Helfer:innen bereitstehen, ist ein Aufbau über Jahre hinweg und damit das Erhalten einer Tradition eine ganz besondere Leistung. Es gibt auch außerhalb des Vogtlandes viele tolle Initiativen, die sich über ein solches offizielles Lob ebenfalls freuen würden – in Südthüringen wie in Nordthüringen, in Westthüringen wie in Ostthüringen und selbstverständlich auch rund um Erfurt, Weimar oder Jena; von A wie Auma über H wie Hildburghausen und M wie Möhra bis Z wie Ziegenrück. Diese Initiativen bleiben bei der Auszeichnung jedoch leider außen vor, denn sie werden kaum zur Osterpfad-Initiative dazustoßen können – allein schon, weil es räumlich oftmals schlichtweg unmöglich ist.
Daher darf man durchaus die Frage stellen, warum wurde explizit nur der Osterpfad Vogtland als Thüringer Kulturgut bzw. Kulturerbe ausgezeichnet, aber die Kultur und das Brauchtum der Osterbrunnen an sich nicht? Das ist eine vertane Chance, denn wenn man die Kulturerbe-Idee weiterspinnt, kommt man unweigerlich zum Immateriellen Welterbe der UNESCO. Spätestens dort wird man die Osterbrunnen-Kultur, die von Franken in Bayern ausgehend, unter anderem auch in Thüringen, Sachsen, Hessen und Baden-Württemberg bewundert werden kann, als Ganzes würdigen müssen. Warum geht man hier in Thüringen also nicht mit gutem Beispiel voran?
Am Ende ist es leider so: Wer am lautesten klingelt, wird am ehesten gehört. Doch viele Initiativen müssen Prioritäten setzen: entweder Aufbauen oder Trommeln. Am Ende entscheiden sich die meisten für den Aufbau und sind nach dieser Energieleistung einfach „platt“. Zum Trommeln für sich selbst kommen sie nicht. Sie bleiben die Leisen, die den „Laden am Laufen halten“. Und auch, wenn das Lob der Besucher:innen am Ende das ist, was wirklich zählt, wäre es trotzdem eine tolle Geste, wenn Landkreis und/oder das Land Thüringen die Bedeutung für die Region würdigen und schätzend DANKE sagen! Und zwar für alle!